Wer das Plagefenn betritt, wagt sich in die Wildnis – und in ein wahres Mückenparadies! Das Plagefenn war 1907 das erste Naturschutzgebiet Preußens und das erste Gebiet im heutigen Deutschland, das eigens zur Entwicklung von Wildnis geschützt wurde. Hier entfaltet sich die Natur frei und vom Menschen möglichst unbeeinflusst – seit über 110 Jahren!
Angeregt hat die Unterschutzstellung damals der Leiter der Lehroberförsterei Chorin, Max Kienitz. Er schrieb: „Hier soll der Wald sein Leben leben.“ Es heißt, dass Max Kienitz bei der Jagd auf einen 14-Ender von dem prächtigen Tier und von der Stimmung, den Geräuschen und den Farben der Natur so tief beeindruckt war, dass er nicht nur den starken Rothirsch verschonte, sondern zudem anregte, die Natur in diesem Gebiet zu bewahren.
Auffallend ist heute, nach über 110 Jahren fast freier Entwicklung, dass eine große Menge Totholz natürlich entstanden ist. Ob liegend oder stehend, mit oder ohne Rinde, besonnt oder schattig – Totholz steckt voller Leben! Hier ist der Tisch reichhaltig gedeckt für die Holzbewohner unter den Pilzen, Käfern, Vögeln und vielen anderen Artengruppen.
Das Naturschutzgebiet Plagefenn besteht aus unterschiedlichen Zonen: Die Kernzone ist tatsächlich unbewirtschaftet und wild. In der Pflegezone wird der Wald nachhaltig bewirtschaftet. Dabei achtet der Förster besonders darauf, auch hier einen möglichst naturnahen Wald mit Totholz und Höhlenbäumen zu erhalten. Das ist wichtig, weil die Kernzone allein für viele Tierarten zu klein ist. Auch die umgebenden Wirtschaftswälder müssen daher Lebensräume bieten. Der Unterschied zwischen ungenutzter Kernzone und naturnahem Wirtschaftswald ist dennoch deutlich zu erkennen.
Als das Schutzgebiet 1907 eingerichtet wurde, umfasste es gerade mal 177 ha, also knapp zwei Quadratkilometer. 1990, mit der Ausweisung des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin wurde das Naturschutzgebiet auf 10,5 km2 erweitert. Die Fläche versechsfachte sich. Von diesen 1.055 ha sind heute 280 ha unbewirtschaftete Kernzone.
Die Kernzone besteht aus zwei Seen, dem Großen und Kleinen Plagesee, sowie aus angrenzenden Mooren, Erlenbruchwäldern und Buchenwald. Einige 1907 noch relativ junge Nadelholz-Aufforstungen entwickeln sich allmählich zu Buchen- und Laubmischwäldern. Die Kiefern, Fichten und Lärchen sterben nach und nach ab und werden zu Totholz, während die Laubbäume das Regiment übernehmen.
Nur in den Torfmoosmooren kommen Kiefern auch natürlicherweise vor. Hier werden sie jedoch nie alt und groß, weil ihre Wurzeln im Moor keinen ausreichenden Halt finden. Sie kippen allmählich um und werden im Moorkörper konserviert.
Der Begriff „Fenn“ bezeichnet übrigens im niederdeutschen Raum eine morastig-sumpfige Niederung oder ein Moor. In Brandenburg wurden meistens eher nährstoffarme Moore mit Torfmoosen mit diesem Begriff bezeichnet.
Die Kernzone darf zwar nicht betreten werden, aber unsere Wandertour führt viele km westlich an der Kernzone entlang. Von diesem Weg haben Sie die besten Einblicke in die entstandene Wildnis!
Viel Spaß bei Ihren Entdeckungen!